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O, welch' Töne !
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Katzen erreichen mühelos,
was uns Menschen versagt
bleibt: durchs Leben zu
gehen, ohne Lärm zu
machen.
(Ernest Hemingway)


Natürlich machen auch Katzen ab und an "Lärm", aber nur dann, wenn sie sich auf ein ganz bestimmtes Ziel bezogen durchsetzen vollen. Im Gegensatz zu den allermeisten Menschen jedoch gehen sie mit dem Inhalt "Zielverfolgung" sehr sparsam um, soll heißen: sie richten sich an den wirklichen und für ihr Leben unverzichtbaren Grundbedürfnissen aus, ohne diese sinnlos auszuweiten.

Und darüber lohnt sich für uns ein gründlicheres Nachdenken gewiß!

Der Mensch dagegen lärmt über jegliche natürlich gesetzten Bedürfnisse hinaus, plustert sich häufig dermaßen auf, daß man meinen könnte, es wäre für sein Überleben notwendig. Dabei handelt es sich jedoch überwiegend um mehr oder weniger recht seltsame "Spielarten", letztlich um Formen wahrer Überflüssigkeiten, zumeist also  nur um armselige Kompensationen der aus dem Umstand aufgegebenen Bemühens um eigene Mündigkeit resultierender geistiger und emotionaler Armut.

Statt beobachtend -- und somit: lernend -- aus Natur, also dem Gesamt dessen, was sie ausmacht,und mit der entsprechenden Umwelt sich verantwortungsvoll auseinander zu setzen, leben die allermeisten Menschen eine Hybris, die vielerleit Wurzeln haben dürfte. Eine wesentliche dieser Wurzeln ist wohl auch die religiös vorgegebene (im Ergebnis vielleicht so gar gänzlich falsch verstandene) Forderun, wonach der Mensch sich "die Erde untertan machen" solle. Was aus der Umsetzung dieser Vorgabe (und ähnlicher Forderungen aus anderen Quellen!) geworden ist, kann man täglich aus der Entwicklung des Weltengeschehens ablesen ... Der Mensch bestimmt, was zu gelten hat, was "unwürdig" oder nachrangig ist. Zusammenhänge werden gewaltsam oder aus Ignoranz aus ihrer Komplexität gerissen, nur damit der Mensch seine vordergründigen und oberflächlichen Ziele verfolgen kann. Diese Ziele sind zuallermeist dem Gewinnstreben (Welch kurze Sichweise!) untergeordnet, aber auch Ängsten, Furcht und der Unfähigkeit zu natürlicher Zurückhaltung sowie zum Maßhalten.

Dann wundert man sich plötzlich (eigentlich geradezu pharisäerhaft anmutend!) über Exzesse aus Massentierhaltung, aus Tierquälerei in Forschung und Entwicklung, über sogenannte "Problembären", über Bienensterben, über totgeschiossene (=ermordete) Luchse im Bayerischen Wald (sogar ein trächtiges Luchstier wurde vor kurzem wieder Opfer eines solchen Naturgangsters!), über Abholzung von (Regen-) Wäldern und Vernichtung von Lebensraum, über Ozonloch, über "Klimawandel", über Aussterben von Arten,über Überfischung, und, und, und ...

Dabei sind all diese Ergebnisse Auswüchse von menschlichem Verhalten, vom Menschen, der glaubt, sich über die Natur stellen zu können und zu müssen, vom Menschen, der die Ansicht vertritt, er hätte auf dieser Erde eine ganz besondere Daseinsberechtigung und könnte über jene von Tieren und Pflanzen selbstherrlich und willkürlich entscheiden.
Ist es nicht so, daß alle Lebewesen auf dieser Erde eine gleichberechtigte Daseinsberechtigung haben, daß in die Regulatorien der Natur eben besser (und auch: ethisch gesehen) nicht über ein unbedingt notwendig gebotenes Maß eingegriffen werden sollte?!?

Ich bin unter anderem mit Katzen aufgewachsen. Schon als Kind habe ich immer bewundert, wie sie ihren Eigen-Sinn (dies im Sinne von "den eigenen Lebenssinn leben" und nicht als Ausdruck von grenzenlosen Egoismen verstanden!) lebten, wie sie Langsamkeit, Behaglichkeit, Ruhe in einem gesunden Verhältnis zu Aktivität, zur ihrer Lebensgestaltungsgrundlage machten.
Für mich war die hierzu im Gegensatz von den Menschen vorgelebte Aktivität (die mir als Kind schon in großen Teilen als wirklich  überflüssig und sinnlos vorkamen!) das krasse Gegenteil, vor allem ein Hinweis darauf, daß man das menschliche Leben, dessen Gestaltung, im steten Überlegen von Überprüfen jener beiden sich in weiten Teilen widersprechenden Verhaltensorientierungen immer wieder neu zu definieren hat, um so dann den eigenen, für sich angemessenen Weg im und durch das Leben zu finden. Daß dabei die Grundorientierung zu heißen hat: Aktivität mit Fremdbestimmung nur dann, wenn es wirklich notwendig und tatsächlich unvermeidbar ist, wurde mir sehr früh bewußt und klar!
Und meine Katzen, also die Beobachtung jener und das Zusammenleben mit ihnen, haben sicherlich einen sehr großen Anteil daran gehabt, mir diesbezüglich bereits in frühen Jahren die Augen (und den Verstand) geöffnet zu haben ...

Natürlich gab und gibt es auch Menschen, die jene gesunde Reduktion (die freilich keine Verminderung echter menschlicher Qualitäten bedeutet, ganz im Gegenteil!) zu leben verstehen und die man sich als Vorbilder nehmen kann. (Aber sicherlich haben jene ihr Einstellungen und Haltung zumindest zum Großteil aus der "natürlichen" Vielfalt und deren Akzeptanz generiert!)

Jedenfalls können wir von Katzen abschauen (und eben dann: daraus versuchen zu lernen): Sinnvoller Umgang mit Ruhe, gesunde Betriebsamkeit, angemessenen Stolz, Fähigkeit zu Sanftheit und Wärme, das Ja zu Individualität, Durchsetzungsvermögen, leise Töne, Sauberkeit, Ordnung, gesundes Körperbewußtsein, um nur einige Faktoren zu nennen.

Ursula Nuber (zufällig ausgewählt, es gäbe unzählige Autoren, die sich damit beschäftigt haben) schreibt in ihrem Buch, in dem sie sich unter anderem mit der Vermeidung von negativem Stress und Hektik sowie überflüssiger Betriebsamkeit auseinandersetzt, unter anderem im IX. Kapitel  "Du sollst von den Katzen lernen" ihres Buches "10 Gebote für gelassene Frauen" (Fischer Taschenbuch, Frankfurt am Main 2005, S. 102 ff): "Katzen haben die beneidenswerte Fähigkeit, sich vollkommen zu entspannen. Da liegen sie (...), haben die Augen vor Wohlbehagen geschlossen und die Pfoten weit von sich gestreckt. Alles an ihnen ist schwer und träge, jeder Muskel locker wie ein ausgeleiertes Gummiband. Nichts kann sie aus der Ruhe bringen (...). Wenn die Mietze beschlossen hat 'Jetzt ist Entspannungszeit', kann sie nichts und niemand um ihre Pause bringen. (...) Zu Neid ist jedoch kein Anlass. Denn auch wir können es. Auch wir können wie die Katzen sein: ganz entspannt im Hier und Jetzt. Wie die Katzen besitzen auch wir Menschen eine angeborene Fähigkeit uns zu entspannen. Allerdings ist diese Fähigkeit  in unserem stressreichen Leben mehr und mehr abhanden gekommen und wir müssen uns und unserem Körper Entspannung erst wieder beibringen. Auf Stress reagieren wir automatisch, Entspannung müssen wir bewußt und willentlich herbeiführen. (...) Es ist im Grunde nur eine Frage der Entscheidung. Unbestritten: Unser Leben ist voller Stressquellen, die Anforderungen sind ebenso zahlreich wie die Zumutungen (sic! d.V.), denen wir täglich ausgesetzt sind. Dennoch haben wir die Wahl: Wollen wir uns von dem hektischen Strom der Zeit mitreißen lassen oder wollen wir von Zeit von Zeit stillere Wasser aufsuchen? Wollen wir wirklich einen Tag nach dem anderen, eine Woche nach der anderen, ein Jahr nach dem anderen abspulen -- ohne Pause, ohne Innehalten, ohne Atemholen? (...) (Wir können uns bei wirklichem Bemühen um Einsicht und  Mut zu einer anderen Schwerpunktsetzung selbst, d.V.)  zu jener friedvollen Entspannung verhelfen, die wir an den Katzen bewundern."

Daß eine solche Umorientierung auch mit dem Verzicht auf bisherige "soziale Aktivitäten" verbunden sein dürfte, ist offensichtlich. Auch müßte so manehe "Karriere" und diverse Formen beruflichen und administrativen "Eingebettetseins" kritischer betrachtet werden. Ebenso wird eine solche Auseinandersetzung die unverzichtbare Frage nach der Zulässigkeit der Qualität als auch Quantität von Fremdbestimmung und Autonomie beinhalten müssen!
Aber: Wie wertvoll waren / sind denn jene Verpflichtungen und Zielsetzungen tatsächlich (gewesen)? Wie lebensfreundlich oder lebensfeindlich sind sie in ihren realen Auswirkungen? Wie viele von ihnen sind reine Zeittotschlag-Instrumentarien?! Welchen Wert haben sie für ein erfülltes Leben realiter? Und wer soll denn definieren, wen möchte man überhaupt definieren lassen, was das ist: ein erfülltes Leben? Vor allem mit der letzten Fragestellung schließt sich der Kreis um die eigene Mündigkeit, um selbstverantwortbaren Umgang mit der eigenen Lebenspraxis.
Und nicht zu übersehen: Inwieweit will man sich der kontraproduktiven Lebensausrichtung, die wesentliche Teile einem "Keeping up with the Joneses" (sei es bewußt oder auch nur unterbewußt) unterordnet, hingeben. Womit indirekt auch die Klärung des "mehr Sein als Schein" gefordert ist!

Eine schöne, überwiegend unterhaltsam-philosophische Auseinandersetzung des (möglichen) Unterschiedes von Katzenweltsicht und Menschenperspektive hinsichtlich des Lebenssinns lieferte uns seinerzeit Werner Koch. In seiner Trilogie Seeleben (Seeleben I, Seeleben II, Jenseits des Sees) lebt der Hauptakteuer, ein Architekt, in einer Hütte am See (übrigens ist dies der Oeschlesee, auch unter dem Namen Sulzberger See bekannt, vor dem Bau der Autobahnstrecke Allgäuer Dreieck Richtung Westen nach Lindau) zusammen mit einer Katze. Mit dieser führt er immer wieder Diskussionen über Notwendigkeit, Pflicht und Müßigang, letztlich über Zumutbarkeiten und Unzumutbarem. Es geht also auch hier um die Frage nach dem "richtigen Leben". Es geht darum, was unter Freiheit zu verstehen ist, welche Bedeutung familiäre Stammbäume haben und inwieweit man sich in derartige Verzweigungen einlassen sollte, wie "vepflichtend", wie "bedeutsam" für das weitere Leben, sie sind; es geht um die Bedeutung des Jetzt gegenüber Vergangenheit und Zukunft, es geht um die schlichte Gestaltungsmöglichkeit des Alltags und dessen Anforderungen. Es geht also umfassend darum, was Leben ausmacht, welche Bedeutung Geburt und Tod haben. Es geht auch um Vergleichbarkeit, so verwahrt sich beispielsweise die "zweite" Katze, die sich dem Romancharakter nach dem Tod der ersten zugesellt, vehement dagegen, immer wieder ob unterschiedlicher Verhaltensweisen mit der Vorgängerin verglichen zu werden. Werner Koch zeichnet die Komplexität unterschiedlicher Lebens- und Denkweisen unaufdringlich, ohne den oft so üblichen "erhobenen Zeigefinger" nach und auf.
Die (erste) Katze macht immer wieder ihren Bezug zum Pragmatismus, d.i. auch die Betonung der Unabänderlichkeit, deutlich, sei es wenn sie sich zum Beispiel über Hunger, Durst, Träume, Liebesgefühle (Bindungen), Schmerzen, Kummer und eben auch über Freiheit äußert ("sei die Freiheit immer da und bedürfe deshalb keiner Erklärung" S.27), wenn sie meint, "sie interessiere sich ohnehin nur für den Augenblick" (S.31), wenn sie "die Dunkelheit gegen menschliche Aversionen verteidigt" (S.35) oder wenn sie Stellung zu ihren Totgeburten bezieht: "Die Jungen seien tot, sagte sie, die vorigen hätten gelebt, die nächsten würden wieder leben oder noch einmal tot sein, und darüber ließe sich nicht diskutieren, das müsse man feststellen und hinnehmen; kein Gefühl, keine Erregung ändere etwas daran, und wer sich nicht mit den Gegebenheiten abfände, der hinge doch zeitlebens der Vergangenheit nach, und das Leben sei immer nur der Augenblick." (S. 39)  Und auch in diese Denkperspektive gerichtet: "Sie hielt nichts von dem Gerede über das einfache Leben und von dem Getue um die heile Welt. Ob einfach oder heil: ihr Leben, sagte die Katze, sei wie es ist, und die Welt, in der sie lebt, genau so, wie sie sich darstellt. (...) Nein, sagte sie, man müsse sich immer wieder und von Neuem einrichten. Man habe Träume, Instinkte, Sehnsüchte, und man habe die Freiheit zu wählen." (S.90 ff.) (Hinweis -- alle Zitate aus diesem Abschnitt: Werner Koch, Seeleben I, Suhrkamp Taschenbuch 1973)

Was anfänglich seitens "Katzensichtweise" als reiner Fatalismus und unkritische Akzeptanz der (empfundenen und erlebten) Wirklichkeit anklingen mag, zeigt sich in der Konsequenz eben als durchaus kritische Pragmatik, die auf Möglichkeiten innerhalb von Vorgegebenem abhebt, durchaus mit der Aufgabe und Verpflichtung der "Wahl des Besseren" (Heinrich von Kleist) behaftet!

Wer sich jedoch -- vielleicht auch auf Grund eigener Erfahrungen mit Tieren -- an der "Vermenschlichung" eines so eigentlich nicht erfassbaren Tieres stößt, sollte sich einmal mit Fabeln oder Märchen beziehungsweise mit anderen Genres beschäftigen, in denen derartige Übertragungen menschlicher Verhaltensformen (hier eben die diskursive sprachliche Auseinandersetzung) angewendet wurden / werden. Auch gilt natürlich zu berücksichtigen, daß die Äußerungen, die der Autor seinen Katzen unterstellt, mehrfach präformiert sind. Am Wert der Aussagen ändert das freilich nichts, an der Möglichkeit, sich mit all den Sichtweisen persönlich und zu eigenem Wohle auseinanderzusetzen schon gar nicht.

Ohne Pathos werden hier die Fragen nach der Qualität des eigenen gelebten Lebens, nach der Art dessen Wahl (autonom oder fremdbestimmt?) sowie der Möglichkeit von Veränderung gestellt. Prospektiv kann man dann sehr wohl -- in einer Art von Szenarienbildung etwa -- sich auch damit auseinandersetzen, inwieweit eine intendierte Änderung des gegenwärtig gelebten Lebens und der damit verwobenen Umstände zur Mehrung von Lebensqualität und Glücksmomenten führen könnte ...

Daß eine Spiegelung der eigenen Lebensgestaltung nicht nur über Anleihen bei und von Katzen möglich ist, sondern vielmehr durch Aufmerksamkeit in der gesamten Natur (natürlich auch innerhalb der menschlichen, mag sie sich noch so sehr abzugrenzen versuchen und selbstherrlich geben) steht natürlich außer Frage.

(Alle drei Bücher von Werner Kochs Trilogie kann ich uneingeschränkt empfehlen. Leider sind zum Zeitpunkt meiner kleinen Abhandlung --Juni 2013-- zumindest die Bände 2+3 nicht unmittelbar lieferbar, jedoch antiquarisch bzw. in Bibliotheken erhältlich. Band 1 ist derzeit neu als Taschenbuch lieferbar. Auch andere Bücher von Werner Koch kann ich nur empfehlen, z.B. Altes Kloster, Diesseits von Golgatha, Intensivstation.)



Inhalte werden je nach
Lust und Laune sowie entsprehenden Einfällen
hier sukzessive
präsentiert ...