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Der Apokalypsenfürst läßt nochmals grüßen ...
(Die früheren Inhalte von "Apokalypssenfürst" finden sich hier und unter "Kontaktierte Unkontakte2 sowie bei "Spurensuche".)

...  meine schriftstellerischen seiten mit inhalten, die in die tiefen weisen und das dunkel zu ergründen versuchen,
sich speziell mit der lochhaftigkeit beschäftigen -- eine reise in die sphären
vermeintlicher oder tatsächlicher unergründlichkeiten  ...


Wenn ein Mensch ein Loch sieht,
hat er das Bestreben, es auszufüllen.
Dabei fällt er meist hinein.
(Kurt Tucholsky)


  


Es ist einfach absurd, daß Leute herumsitzen und über ihre eigene Bedeutungslosigkeit so beleidigt sind,
daß sie alles andere in das Loch zerren, in dem sie sitzen, und da vor die Hunde gehen.
(Bob Dylan, zit. n. Robert Shelton, Bob Dylan, 1988 (Goldmann), S. 490)





Die Kunst des Ausruhens ist ein
Teil der Kunst des Arbeitens !
  (John Steinbeck)





     


Die Maus soll das Loch suchen, nicht das Loch die Maus.


Auf allen meinen Seiten steht mein schriftstellerisches Arbeiten im Vordergrund. Zweifellos ist schriftstellerisches Tun nach meinem Dafürhalten auch gesellschaftliche und somit ebenfalls politische Aktivität. Meine Darstellung(en) sind als Gesamt zu sehen, auch wenn sie je nach Sichtweise und Anstrengungsbereitschaft nur selektiv wahrgenommen werden sollten. Meine Texte werden durch Auszüge mit Quellenangaben ergänzt oder auch kritisch hinterfragt, sollen durch Bilder und Gedichte sowie mittels anderer schriftstellerischer Ausdrucksformen die Kenntnisnahme meiner eigenen Gedanken und Sichtweisen erhellen helfen, insbesondere soll das Gesamt meiner Darstellung der Entwicklung eigener Gedanken dienen. Kritische Auseinandersetzungen sind mir allemal lieber als gedankenarmer affirmativer Beifall! Aphorismen, Zitate und Beobachtungen von Zeitzeugen (neuerer oder längst vergangener Perioden) sowie anderen umfassend oder auch nur partiell herausragenden Personen haben insofern in meinen Ausführungen “dienende” Funktion – allerdings sind sie jeweils in der von mir gesehenen Wesentlichkeit und Erläuterungsqualität ausgesucht und positioniert. Ich wünsche jedenfalls viel Interesse an und viel Spaß mit meiner Arbeit ...


"In der Welt läuft so viel schief, weil die Dummen immer sicher sind
und die Gescheiten immer Zweifel haben."
                                 Bertrand Russell



... und der Apokalypsenfürst grüßt weiterhin ...


Lochhaftigkeit - ein gedichtzyklus

I
Lochhaftigkeit

Abgegrenzte Tiefe, endlos,
Gedeckelt – nach oben.
Sich Verwechslungen verbeten,
Zum Beispiel: Lachhaftigkeit,
Oder aber: unverschuldete Leichtigkeiten.
Also Tiefe als Gegensatz zu
Helleren Dimensionen.
Ausgesperrtes Licht.
Bewußt.
Fahrlässig.
Vorsätzlich.
Im Spiel.
Im Ernst.
Aber letztlich: ausgesperrt.
Bewegungsstarre fernab der Lichthaftigkeit.
Eben: ungebremste Lochhaftigkeit.
Die nach unten offene Skala der
Meßbarkeiten von Dunkelheiten.

Dämmerungen längst überwunden.
Unlängst wenigstens noch Schattenspiele,
Jetzt kaum mehr Erinnerungen daran.

Wettläufe im Schattenlabyrinth.

Das Leben in ungestörter Zweifellosigkeiten,
Reden als energetischer Elementeaustausch,
Tänzeleien auf der Plattform der Unverbindlichkeiten.

Lüge und Selbsttäuschung als Seinselixier.
Trinken aus dem Krug anmaßender Selbstüberhöhung,
Stets im Kreise schützender Gleichgesinnter.
Deshalb: vollkommen sein in Lochhaftigkeit.



II


Festversammlung

In die eigene kleine Welt hinaus gerufen,
oder in das, was man dafür hält:
Einzuladen, alte Zeiten zu feiern. Festzuhalten.
Gekommen, hereingestürzt, eingebrochen. Lautstärken.
Versuche, Vergangenheit am Leben zu erhalten.

Schlüsseldaten als Anlaß.

Konstruierte Freundlichkeiten, Schaulaufen in die Freude.
Vom lichten Tage in die Dunkelheit hinein prassen.
Wörteraustausch, Kleidertausch, Tausch der Persönlichkeit:
Für Minuten oder Stunden oder vielleicht sogar etwas länger.

Früher, ja früher!

Verschränkte Armhaltungen, stehende Personen, diskutierend.
Verschränkte Armhaltungen, sitzende Personen, austauschend.
Jedenfalls dieses erzeugte freudige breite Grinsen in Gesichtern.

Gefühle vermitteln: Belesenheit, Engagement, Aufstiege ...

Von Abstiegen ist nicht die Rede. Abstiege darf es nicht geben.

Früher, ja früher!
Rekurrieren auf Musikorgien, Musikgelage, Musiktänzeleien.

Schlüsseldaten versteckt:
Versuch, der Wirklichkeit zu entrinnen.
Dafür: Schlüsseldaten aufbereitet. Ins Unverbindliche gestreckt.
Irgendwie: Komikerversammlung.
In Bild und Ton, Liveeinlagen inklusive. Dazwischen: Gläserklang.
Schlüsseldaten versteckt.

Pupillen auf tiefste schwarze Löcher gesetzt. Funkeln in Nacht.
Hinter den Pupillen: endlose Schwärze. Endlos. Ungreifbar.
Verborgene Schlüsseldaten.

Hast du das gelesen?
Hast du dies gehört?
Hast du das gekauft?
Hast du dies gesehen?

Geschieden oder noch zusammen?
Frisch verliebt?
Fremdgegangen?
Beruflich erfolgreich?
Immer noch das alte Auto?
Was machen die Kinder?
Leben die Großeltern noch?
Was, das Haus noch nicht abbezahlt?
Was treibt denn der ... oder die ... ?
Fragen über Fragen!
Interesse über Interesse!
Ein Teller mit Grillschwein und Salat geht vorbei.
Ein gefüllter Maßkrug rutscht aus im Gras.
Im letzten Gartenwinkel kotzt ein Genießer:
Befreiung vom Zuviel unkontrollierter Gier.
Nicht weit davon: Gestöhne schnellen Geschlechtsverkehrs.
Bälle fliegen, Hunde kläffen, Katzen betteln.
Geräuschkaskaden für außenstehende Ohren.
Erhaschungsversuche vielfältigster Art.
Auseinandersetzungen mit erwachsenen Kindern.
Ansonsten gehen Konversationen ungestört weiter:
Soll ich noch einmal?
Oder besser nicht?
Ist es nicht schon zu spät?
War es früher nicht doch besser?
Jugend oder Alter, welche Präferenzen?

Gesprächsplänkeleien auf und unter dunkelndem Grün.
Der Tag gerät tiefer, mit zunehmendem Alkoholkonsum.
Ein schwarzes Loch formt allmählich sattsamen Gruß:
Lochhaftigkeit setzt sich durch, überlagert bekennend.
Freundlichkeiten mutieren zum Mißtrauen:
Der andere könnte es besser können.
Die andere könnte es besser machen.
Die anderen könnten obsiegt haben.
Aus dem schwarzen Loch steigt die Lochhaftigkeit empor.

Dann: es war ein schönes Fest.

Das machen wir bald wieder!
Ob Weihnachten,
Ob Ostern,
Ob Namenstage,
Ob Geburtstage,
Ob Beerdigungen,
Wir werden wieder feiern!
Es sollen leben: Festorgien! Ringsum: Jubel allenthalben.
Zustimmung, Beifall. Einigkeiten.

(Einsamkeit durch große, affirmative Masse übertünchen.)
(Spiel der Wiedererweckungen. Virtuell. Hirnelektronik.)
(Gestaltung der Macher, Macher als Gestaltende.)
(Endlich einmal Fäden ziehen können, dürfen ...)
Derweil sich die Lochhaftigkeit wieder entzieht.
Versteckt dort, wo sie hergekommen:
In ihre tiefste Schwärze.
Dort, wo sie fruchtbar gedeihen und hausen kann.
Weit hinter Kleidern und Häuten, eben: tief hinein.
Bohrend, stetig penetrierend, lustvoll drängend:
Dorthin, wo die Dämpfe wabern ...





III

Durchblick

All die Löcher zu durchdringen,
Der Versuch, nichts zu verpassen,
Schwelgen in dem Überall:
Feiern mit lautem Jubelknall.
Man ist so richtig ausgelassen,
Beim Versuch, sich zu beschwingen.

Gewichtig klingen alte Reden,
Werden als Sensation verkauft,
Den Kopf geklemmt ins Loch:
Man will es wissen immer noch.
Er hechelnd bis an Grenzen schnauft,
Wo locken ihn die alten Fehden.

Den dürren Kopf aus Büchern füllen,
Mit dicken Strichen festgehalten;
Randbemerkungen erstellen:
Versuch, das Wissen aufzuhellen.
Wenn düst’re Mächte kräftig walten,
Dann heißt es, schnell sich zu verhüllen.

Klug schnell zu suchen Seinesgleichen,
Um ja nicht schmerzlich aufzufallen.
In feiner Übereinkunft dann:
Erfährt man sich erneut als Mann.
Leicht schwankend dürre Lieder lallen,
Und jedem Windstoß auszuweichen.

Mit süßem Saft die Hexen locken,
Wollen bezaubern seine Hoden,
Ihn zerren auf ihr Nebelbett:
Entführen in das Kabinett.
In Trance sinkt er auf den Boden,
Zwanghaft etwas zu frohlocken.

Nie leiseste Zweifel ihn je plagen,
Für sich steht er auf höchstem Thron.
Als Mann mit allerbest’ Geschick:
Er sorgt für umfassend’ Durchblick.
Laßt andere beklagen öden Hohn,
Er längst dem Zweifeln konnt’ entsagen.



IV

Symbolträchtiges Loch

Versuche, abgrenzbare Exaktheiten zu erzielen,
Statt Beleidigungen Greifbarkeiten generieren:
“Arschlöcher” als Terminus Technicus.
Sammeln von Eigenschaften:
Eindeutigkeit ergreifen,
Aussagekraft als Ziel,
Wiederholbarkeit schaffen.

Analytisches Bemühen.

Ein Bündel von Variablen als Formelsubstanz!
Sehnsucht nach:
Validität,
Reliabilität,
Trennschärfe,
Standardisierung,
Und vielem mehr.
Tauchen in der Gesellschaftswirklichkeit:
Exzesse der Soziabilität ausmachen,
Ideologische Akzente freischaufeln,
Wahrscheinlichkeit und Präzision spiegeln.
Testkriterien als Anker des Definierens:
Zumindest aufrichtige Versuche.

Synthetische Ehe von statistischer Signifikanz
Und praktischer Bedeutsamkeit.
Verschmelzung von Schreibtischarbeit mit
Feldbeobachtungen im sozialen Umfeld:
Arschlöcher ab- und ausgrenzen,
Eigenbereiche frei und sauber halten.
Wenigstens ernsthafte Versuche dazu!
Sehnsucht, nicht dazu zu gehören.
Einschlägig Anstrengung leisten.

Hoffnung auf einschlägiges Erkennen.

Kriterien von Arschlochhaftigkeit sehen.

Mit Aufzählungen beginnen:

Es gibt auflösbare Widersprüche,
Beispielhaft das Denken ohne Kopf:
Verweigerung ihn zu benützen,
In den Fußangeln der Logik sich verheddern,
Trotzdem blindlings beharren,
Sturheit und Dummheit als Verhaltensprinzip.

Rational sein, sich an Argumenten erfreuen:
Eben: einfach Kopfdenker sein.
Kenntnisnahme verweigern, auschließen:
Schlicht: zum Arschdenk werden.

Arglos durch das Leben tapsen
Harmlosigkeit als Verhaltensabstraktion:
Unfähig zu irgendwie gerichteter großer Tat.
Antworten, ohne hinterfragt zu haben.
Fragen schlicht auslassen, Urteile auf ödem
Brachland der Denkleere:
Arschlochizität als Seinsmodus.
Manchmal – hoffentlich – nur temporär,
Häufiger als Prinzip. Verhaltenskonstante.

Keine Korrelation zwischen Intelligenz und
Arschlochizität –  zumindest höchst selten.
Am gefährlichsten aus möglicher Kombination:
Ein hochintelligentes Arschloch!
Gültigkeit des Gesetzes der großen Zahl:
Arschlöcher überwiegen bei hinreichender
Größe menschlicher Zusammenballungen.
Zulässigkeit von Wahrscheinlichkeitsaussagen,
Mehr nicht, aber auch nicht weniger!

Gleichverteilungstendenzen.
Unabhängig von:
Sex,
Alter (die zunehmende Weisheit als Mär),
Nationalität(belegt durch historische Anfälligkeit),
Hautfarbe,
Bildungsabschlüsse.
Grundsätzliche Begegnungsphobien.

Lieblingsspiele praktizierenden Arschlochismus:
Primetime-Unterhaltungen,
Skelettgetrippel auf Laufstegen,
Präsentation musikalischer Unzumutbarkeiten,
Talkshows,
Wahlen mit Lobpreisungen beliebiger Werte.
Wert als Fragwürdigkeit.
Nicht philosophisch gerichtet,
Arschlochpespektiven.
Machtkämpfe. Wettbewerbe. Kriegsspiele.

Mühsal der Vernunft ersparen,
Zweifel fernhalten,
Unvorhersehbarkeiten ausweichen.
Den ‘gesunden’ Menschenverstand bemühen.
Fragen gegen Antworten eintauschen.
Gehirnzellen – dumpfend – schonen.
Kampf um Lufthoheit über Stammtischrunden.
Verbale Stinkbomben als Arschlochifikation.
Telegene Vordenker der Nation huldigen.
Niederknüppeln, niederschreien.
Durchforsten der Intimbereiche,
Erfassungswut, Schnüffelexzesse, Unterdrückung:
Kontrolle als Selbstzweck, verkauft als Notwendigkeit.
Erfolg als Frage des Ertragswinkels.
Blindheit gegenüber eigener Arschlochizität!

Ideen an ihr mehrheitlich akzeptables Ende führen:
Maximale Plattheit generieren.
Erhabenes zum Lächerlichen absenken.
Genialität einem real existierenden Flachsinn opfern.
Irritation durch Strukturen zügeln,
Vereinsmeierei betreiben. Gründungsorgien:
Parteigremien,
Flachausschüsse; pardon – Fachausschüsse,
Fachkraftkonzentrationen,
Komitees und ihre Subkulturen,
Fachgruppeninstitutionalisierung,
Arbeitskreis (damit man immer weiter weiß),
Expertenkrönungen als intersubjektive Übereinkunft.
Lug und Trug in Umarmung mit Lächerlichkeit ...

Mittelmäßigkeit beweisen:
Erfolg meiden, Beliebtheit gewinnen.
Implosion unter dem Druck der Arschlöcher.
Durchschnittlichkeit als Staatserhaltung.
Untertanenseligkeit genießen.
‘Alles-einfach-finden’ als ein notwendiges
Merkmal für Arschlochizität.
‘Alles-sehr-schwierig’ als entsprechendes
Korrelat –  gleichsam vage.
Jedenfalls nur: Oberflächlichkeit bieten.
Von zwei angebotenen Erklärungen:
Die einfachere wählen,
Auf der sicheren Seite sein,
In Mehrheiten geborgen.
Assoziation: Populismus und Popo!
‘Arschdenkerei’ als operables Konstrukt.

Die Dummen immer sicher,
Die Gescheiten stets im Zweifel.
Cogito, ergo sum.
Wer wäre dann nicht?
Also: Womit wird gedacht!?
Kopfdenke oder Arschdenke,
Das ist die Frage,
That’s the question,
La question importante.
Überregionale Bezugsnorm.

Kopien dem Original vorziehen,
Sich selbst zur Kopie machen.
Möglicher Individualität entschlüpfen.
Kultur als Minenfeld betrachten,
Verängstigtes Meiden,
Beängstigendes Tun.
Anders-Tun, Nichts-Tun als Gegensätze.
Kulturarschlöcher definieren:
Wiederkauen als Wesensmerkmal.
Originalität als Abschreckung.
Äußerlichkeit als Grundlage eigenen Seins ...
Inflation der Regelungen als Erleichterung,
Herbeiflehen von Gesetzeskraft als Denkentlastung.
Ordnungen als Unterordnungsgeschenke.

Arschdenker als Schöpfer von Umformulierungen:
Die Welt neu denken, einfacher, euphemistisch.
In lauschigen Entsorgungsparks lustwandeln,
Finanzielle Kontaktpflege betreiben,
Entbellung propagieren,
Finale Rettungsschüsse abfeuern,
Systemische Beratung anbieten.
Teamunfähigkeit als Ausgrenzungsprinzip.
Und: nach Beifall heischend in die Runde blicken,
Zustimmungen einfordern, einklagen, erzwingen.
Über jeden Zweifel erhaben sein.

Nicht sehen, was man nicht sehen will,
nicht hören, was man nicht hören will,
Immer wieder Recht haben – postulierend.
Längst im symbolträchtigsten Loch vertieft.

(Anregungen hierzu verdanke ich u.a.: Charles Lewinsky, "Der A-Quotient. Theorie und Praxis des Lebens mit Arschlöchern")

V

Geistesverdunklungskreise

Aus verschiedenen Lochstuben gekrochen
In ein Zentralloch geschlichen, gerannt:
Anordnungen gehorchend, einlösend.
Auf hölzernen Stühlen Platz genommen,
Leicht geschützt durch ebensolche Tische.
Gleichwohl schnell, schmerzend verwundbar,
Weil allzu sehr der Herrschsucht ausgesetzt.

Auch sie nun – sich gesetzt, jedoch exponiert.
Sichtbare Zeichen der Machtfülle lebend.
Monologisieren, dann – wenige Fragen,
Nur scheinbar zugelassen, streng gesteuert.
Filtern von Störfeuern, Unerwünschtem, überhaupt.
Das Ziel bereits an den Anfang geschoben.
Zeit mit schmierig Eigenlob beschlagnahmt.

Beifall heischend in Runden blickend.
Sorgsam ausgewähltes Publikum.
Ovationen wie auf Befehl. Wunscherfüllung.
Auf dem Parkett ziehen Schleimspuren
Zeichen vorauseilender Gehorsamsorgien.
Klatschen nach vorgegebenen Rhythmen.
Eifriges Notieren auf diversen Papieren.

Dunkelheit am helllichten Tag, brennend.
Dunstkreise ziehen durch den Raum, zäh,
Schwadenhaft, erdrückend, ermüdend.
Ende jeglicher Diskursivität schon zu Beginn,
Weitab der Möglichkeiten von Sprache;
Den freien Geist am Eingang abgegeben
Repressivität durchleben, durchleiden.


VI



Loch-Experten

Nur um den heißen Brei herumgeschlichen,
Dem, was ruhigt, stets ausgewichen;
Elend immer schön geredet.
Vom Widerspruch nur angeödet.
In lustvoll Gier die Welt begafft,
Was greifbar schien herbei gerafft.
Für sich das Beste nur getroffen:
Von Viel noch Mehr das einzig Hoffen.
In Wort und Tat nur ausgebeutet.
Rücksichtslos das Sein gedeutet.
Den Schein bis zum Exzeß getrieben
Und Hilferufen fern geblieben.
Wenn’s ging ins müde Herz gestochen.
Aus berstend Loch empor gekrochen.
Wie Phönix aus Aschen hochgestiegen,
Kein Mitleid mit jenen, die unten liegen.
Wo Vorteil waltet sich nur bemüht,
Im hohlen Spiele aufgeblüht.

Ein Graus für jede Menschlichkeit:
Jener Geist, der schnell bereit,
Sich selbst und alle zu belügen,
Sich umfassend übt im tief’ Betrügen.
Schnell bilden sich die ehern Bögen
Zwischen jenen mit seltsam Unvermögen,
Die Geschicke dieser Welt zu lenken
Und jenseits eig’nen Ichs zu denken.

Jene, sorglos ob der ander’n Kummer,
Verpflichtet nur dem eig’nen Schlummer;
Unter Fanfarenklang dem Reich entgegen,
Einschlägig’ Sehnsucht längst erlegen.

Im Versuch, was möglich, zu verschlingen,
Feiern stolz sie ihr verwerflich Gelingen.
Möglichkeiten wie gerufen,
Schließlich hält man sich berufen
All die Löcher zu entwirren,
All die Fallen auszuhebeln,
Wenn es sein muß kräftig knebeln,
Notfalls auch mit Waffenklirren.

Man ist berufen, wie gesagt,
Sein Selbstverständnis nie hinterfragt,
Man hat das Recht, zu unterdrücken,
Man darf verlangen tiefstes Bücken.
Die anderen sollen in Löchern schnüffeln,
Und tun sie’s nicht: dann lauthalts rüffeln.
Wir halten uns den Gefahren fern,
Das Volk dabei sei subaltern!

Doch plötzlich, wie ist das gekommen?
Gefühle vage, ums Herz beklommen!
Ein heftig Brausen, gigantisch’ Sausen!
Wo man einst innen, nun torkelt draußen,
Die eig’nen Kräfte schwinden wo Mächte walten:
So völlig unerwartet, dies jähe Umgestalten.
Gar nichts scheint mehr nun ausgewogen.
All welche so exponiert gelogen
Fühlen sich um ihren Stand betrogen:
Weil zuletzt in tiefstes, schwarzes Loch gesogen.


Ende des Zyklus



Wer unter einem Arschloch lebt, sitzt früher oder später in der Scheiße. Und niemand gesteht sich gerne die Zugehörigkeit zu den Kälbern ein, die sich ihren Metzger nicht nur selber gewählt, sondern ihm auch noch Fähnchen schwenkend zugejubelt haben.

                      Charles Lewinski



... in manchen Zeiten ist die "geschwärzte" poesie eine mögliche, aber auch notwendige Form, das
anscheinend und scheinbar unvermeidbare zu fassen und auf den angemessenen ort zu verweisen ...



Die Synthese -
Lochhaftigkeit trifft Arschkriecherei
(Apokalypsenperspektive revisited)

Jene sorglos ob der andern Kummer,
Verpflichtet nur dem eigenen Schlummer,
Unter Fanfarenklang dem Reich entgegen,
Andere Sehnsüchte längst erlegen.

Im Versuch, was möglich zu verschlingen,
Feiern stolz sie ihr täglich Gelingen:
Möglichkeiten greifen wie gerufen;
Schließlich fühlt man sich berufen!

All die Löcher zu entwirren,
All die Fallen auszuhebeln,
Wenn es sein muß kräftig knebeln,
Notfalls auch mit Waffenklirren!

Man ist berufen, wie schon gesagt:
Sein Selbstverständnis nie hinterfragt;
Man hat das Recht, zu unterdrücken,
Man darf verlangen tiefstes Bücken!
Die anderen sollen in Löchern schnüffeln,
Und tun sie’s nicht, dann lauthals rüffeln.
Wir halten uns den Gefahren fern,
Das Volk dabei stets subaltern.

Doch plötzlich, wie ist das gekommen?
Gefühle vage, ums Herz beklommen:
Ein heftig Brausen, gigantisch’ Sausen!
Wo man einst Innen, nun torkelt Draußen.
Eigene Kräfte schwinden wo Mächte walten.
Ganz unerwartet dies Umgestalten.
Zu jener der ganzen Spießer Macke,
Gesellt sich nun doch die eigene Kacke ...
Und so manche mit ihren Kotvisagen
Verstopfen jetzt gar die Fäkaldrainagen:
So ist vereint was einst getrennt –
Gemeinsam man nun im Enddarm klemmt.

So was einst sank ganz schwer nach unten,
Und was da trieb so fröhlich oben,
Ist nun gemeinsam schwer geschunden:
Die Perspektiven sind leicht verschoben.

(19. April 2008)


     

Der Maulwurf hört in seinem Loch ein Lerchenlied erklingen und spricht: "Wie sinnlos ist es doch, zu fliegen und zu singen!"

Emanuel Geibel