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Politjahre ad infinitum


Anmerkungen zur bundesdeutschen Politlandschaft vor der Bundestagswahl 2017:

Es mag ja schön sein, daß sich die FDP wieder anschickt, eine Rolle im Parteiengeschehen zu spielen. Deutschland braucht dringend eine liberale Partei, wie das Versagen der beiden herrschenden Parteistrukturen der CDU/CSU und SPD sehr deutlich machen. Aber genügt eine FDP, welche Wachstum als Monstranz vor sich herträgt und Umwelt / Ökologie stiefmütterlich zu behandeln gedenkt? Ich meine: hier greift die "neue" FDP unter Lindner viel zu kurz und angesichts bestehender Problemlagen dürfte sie hier keine zielführenden, hinreichenden Antworten geben können. Wen aber dann wählen, wenn CDU/CSU und SPD eigentlich jegliches Vertrauen verspielt haben? Auch der von den Medien für extrem kurze Zeit geschürte "Schulz-Effekt" verpuffte wie ein Furz in der Wüste, für Aufmerksame und Eingeweihte ohnehin nicht weiter verwunderlich ...
Wen also dann wählen? Die AfD, die eigentlich mehr von internen Streiterein Bekanntheitsgrade erhält als durch eine sachliche Positionierung? Die eigentliche Bedeutung der AfD ist meines Erachtens der Umstand, daß die "Altparteien" hier wieder einmal mehr zeigen, daß sie zu einem Umgang mit politischen Gegnern (die eigentlich eher als "Mitbewerber" um politische Macht gesehen werden sollten!) unfähig bzw. unwillens sind, daß sie von Diskurs aber auch gar nichts verstehen, also ihre Masken allzu plump fallen lassen. Insofern dient die AfD als Spiegel für den Zustand unserere Demokratie im mehrfacher Hinsicht, sowohl was den Umgang von Politikern und Medien mit ihr angeht als auch was die eigene Inhaltlichkeit im umfassenden Sinne und ihre Positionierung angeht. Nein, in ihrem gegenwärtigen Zustand ist auch die AfD nicht das, was sie in ihrem Namen als Versprechen vorgibt, nämlich eine -- wirklich auch notwendige! -- Alternative für Deutschland zu sein. (Was unter "Alternative" mittlerweile hierzulande im qualitativen Sinn zu verstehen ist, versucht ja der m.E. größte politische Mißgriff, den sich die BRD bislang erlaubt hat -- ich rede von der Etablierung von Angela Merkel als führende Gestalt unseres Gemeinwesens --, uns immer wieder aufzuoktroyieren, wenn sie -- wie armselig! -- allzu häufig und hemmungslos von "alternativlos" zu sprechen erdreistet ...)

Die CSU ist nur scheinbar eine "Lösung", wie führende Vertreter mit ihren "Wackelpositionen" immer wieder verdeutlichen. Wer will einem Seehofer noch glauben, daß er tatsächlich seine Vorstellungen (so sie denn ehrlich auch entsprechend gemeint sind und nicht einer Wahlkampfstrategie geschuldet) im Bundeskontext durchzusetzen vermag, wer vermag sich einem Markus Söder anzuschließen, der es offensichtlich mit Natur und Heimat nicht so ernst zu nehmen vermag, wie es eigentlich das von ihm mitgetragene "Heimatministerium" zumindest dem Namen nach verspricht? Wer möchte denn gerne den Sozialpädagogen Dobrinth weiter als Verkehrsminister (auch wenn ihn Seehofer -- ernst gemeint oder ironisch? -- einst mit einem "Ein Dobrinth scheitert nicht!" zu beschreiben versuchte ...) oder sonstwo in einem höheren Amt ertragen? Und wer glaubt denn nach all den Erfahrungen mit ihm, daß Christian Schmidt der richtige Landwirtschaftsminister sein kann, wenn es um Umwelt, Natur- und Arten sowie Tierschutz als auch Verbraucherschutz geht? Nein, mir erscheint diese CSU in ihrer derzeitigen Erscheinung und Personalkonstruktion als das, was ich vor der letzten Bundestagswahl über die FDP äußerte: überflüssig, ja, eher sogar schädlich für den Diskurs, weil diskursunfähig. Natürlich ist mir bekannt, daß die CSU durch die Tatsache, daß sie letztlich in Bayern die CDU "vertritt", nicht wegzudiskutieren sein wird; sie wird rein quantitativ ihre regionale Bedeutung fortschreiben können.

Wen also dann wählen, wenn es um die Substanz so armselig aussieht? Eine der vielen Splitterparteien? Diese Stimmen versiegen dann zwar wie Wasser im Sand, geben andererseits jenen Vertretern doch Mut, weiter in ihrem politischen Engagement zu machen und verhelfen durch die Wahlkampfkostenerstattung auch zu notwendigen Finanzmitteln für ihre politische Arbeit.

Wer an wirklicher Umweltpolitik und an Nachhaltigkeit ernsthaft interessiert ist, wer Gigantomanie, Umweltzerstörung sowie das im Gesamtkontext zu sehende grenzenlose Wachstum ablehnt, der oder die wird allenfalls noch in politischen Nischen zumindest etwas fündig werden, nicht jedoch bei den saturiert "Etablierten". Leider haben auch "Die Grünen" längst ihre Unschuld, vor allem was Umweltpriorität angeht, verloren ...

Noch einmal die Frage: Wen denn dann wählen? Vor den Wahlen kann man sich immer wieder nur wundern. Da werden plötzlich "Wendehälse" tätig und sichtbar, Leute, die all die Jahre bei der Lösung von Problemen eklatant versagt haben (wozu natürlich auch entsprechende Untätigkeit gehört!), versprechen nun alles Mögliche, treten gleichsam als Garanten für eine lebbare, sichere und humande Gestaltunsweise auf. Warum haben jene denn dies nicht in der Vergangenheit geleistet bzw. sind zumindest jene Problemlagen zielführend angegangen? Warum gab es in der Vergangenheit nicht den Diskurs, dieses "Auf-das-Volk-Hören", diesen Respekt vor dem häufig so beschworenen Souverän? Wer möchte denn nun jenen Damen und Herren, den Versagern oder Untätigen des Gestern für das Heute, vor allem für das Morgen noch Glauben schenken?
Es fällt zum Einen schwer, ihnen noch zu glauben, zum Anderen sollte man es sich damit auch nicht leicht machen: es macht keinen Sinn, die Wirklichkeit zu leugnen, es ist kontraproduktiv, sich reinem Wunschdenken hinzugeben!

Ist es nicht auffallend, wie immer wieder beispielsweise bei kritischen Fragen von Reportern (z.B. in Magazinsendungen u.a. medialer Öffentlichkeitsarbeit) Minister dann plötzlich die Antwort verweigern, "momentan keine Zeit haben", kurz: die Öffentlichkeit schlicht gering achten?! Oft sind ist es genau jener Typus, der oder die sonst kein hingehaltenes Mikrophon unbeachtet läßt, wenn es darum geht, sich auffällig zu produzieren ... Ich denke: Demokratie sieht anders aus, sie läßt sich auch nicht qualitativ durch den Umstand von Wahlen allein definieren!

Daß Personen in der Politik in der einen oder anderen Form auch "das Volk" widerspiegeln sollen, sei unbestritten. Ebenso unbestritten ist es für mich jedoch auch, daß derart verantwortungsvolle Positionen auch von Menschen besetzt werden sollten, die zumindest eine hier halbwegs entsprechende zielführende Qualifikation besitzen.

Die Bandbreite der aufzeigbaren Qualifikationen im Bundestag ist sicherlich groß und das ist auch gut so und unabdingbar. Daß jedoch jemand, der "nur" ein Studium absolviert hat, dies nicht einmal mit einem Abschluß abzuschließen vermochte, als Repräsentant(in) im Bundestag oder gar in führende politische Position gehievt werden sollte, der oder die keinerlei einschlägige Kompetenz im "normalen" bürgerlichen Alltag sich erwerben konnte / wollte, sich also dort auch nicht groß "bewähren" mußte, kann ja wohl nicht der Königsweg in einer Demokratie und für sie sein...

Wenigstens etwas Durchsetzungsvermögen und Bewährung, sicherlich auch nachweisbare Leistungen im Berufsleben, wenigstens ein wenig breiter gefächertes Erleben im sozialen Umfeld und außerparlamentarischem bürgerlichen Alltag, sollten schon eine notwendige Bedingung für Tätigkeit in Politik, für Verantwortungsübernahme zum Wohle des Volkes, sein ...

Mit diesem Gedanken möchte ich freilich nicht Überbordendes fordern; gut erinnere ich mich nämlich an eine Rede Karl R. Poppers, als er sich schmunzelnd kurz darüber ausließ, es wäre natürlich verständlich, wenn Philosophen forderten, nur Philosophen sollten die Staatsgeschicke lenken, er dies aber ablehne. Natürlich ist Popper, was die "Berufseinengung" gegenüber geforderter parlamentarischer Vielfalt angeht, hier zuzustimmen. Jedoch hatte jener echte Philosoph, der dies einst forderte (es war Platon) damit nicht gemeint, man müsse Philosoph sein, um Staatsgeschäfte zu verwalten, sondern er sah diese Forderung als eine notwendige Bedingung, sich um Weisheit, um Kompetenz, um Sachangemessenheit zu bekümmern, wenn man schon die Öffentlichkeit vertreten und für sie tätig werde wolle. Wie überhaupt der Begriff "Philosoph" noch lange nicht einen Ausschluß bestimmter Bevölkerungskreis bedeutet, sondern -- seiner Inhaltlichkeit entsprechend! -- die "Liebe zur Weisheit", also das Bemühen um einer solchen meint. (Heutzutage ist der Begriff "Philosoph" freilich verwässert und längst nicht mehr trennscharf! Wer beobachtet, wer heute so als "Philosoph" sich öffentlich feiern läßt oder gefeiert wird, weiß wovon ich spreche. Der Hochschulprofessor, der Philosophie lehrt, ist dadurch noch lange kein Philosoph, auch nicht die- oder derjenige, welche sich medial mit ein paar mehr oder weniger gescheiten Einsichten und Sentenzen hervortun. Philosoph zu sein, ist eine Haltung, eine innere Einstellung, ein Bedürfnis, sich der Wahrheit zu nähern. Es ist also kein "Titel", den man verliehen bekommen kann, es ist ein Seins-Zustand, für dessen Entfaltung man offen (oder im anderen Fall: eben nicht) ist, sich auch offen hält, was zusätzlich der Diskursivität ihre besondere Bedeutung erhält! (Wie schäbig, wenn Politiker und Politikerinnen, welche nicht einmal anderen zuzuhören vermögen, andere Argumente nicht sachlich aufgreifen können,  immer wieder von "Diskurs" reden ... Fast schon zum Fremdschämen!)

Ein weiteres Mal die Frage: Wen also 2017 wählen? Bescheiden muß ich eingestehen: Ich weiß es (zumindest momentan noch) nicht.

Wähle ich gar nicht, weil ich eben zeigen möchte, wie schäbig ich die Verhaltensweisen in der politischen Auseinandersetzung, im Umgang mit Mitbewerbern um politische Mandate (faktisch sind sie aus der jeweiligen Perspektive wohl eher als "Gegner" oder gar als "Feinde" zu bezeichnen ...) sehe, wie kümmerlich ich ihre Arbeit, was Problembewältigung angeht, einstufe, wie als verlogen ich deren Diskrepanz zwischen Versprechungen und praktizierter Politik nur bewerten kann, u.a.m., dann erscheine ich in der Statistik unter "Nichtwählern" bzw., sollte ich den Wahlzettel zwar abgeben, aber entsprechend ungültig machen (z.B. auch durch vernichtendes Urteil ausstellende Bemerkungen bei den jeweiligen Parteien), unter "ungültigen Stimmen". Man kann sich das Rationalisieren der Etablierten lebhaft vorstellen, vor allem aus vergangener Praxis gespeist. Im letzteren Fall wird es wohl heißen, manche Wähler seien unfähig, den Wahlzettel richtig auszufüllen.
Weitgefasster jedoch im ersteren Fall, denn da wird es heißen, "man habe die Stammwähler nicht mobilisieren können", "man habe die guten eigenen Leistungen nicht richtig vermittelt", "das Regenwetter sei schuld an der Wahlabstinenz", und wenn es eben nicht geregnet hat, dann wird die Sonne oder sonst irgendeine angeblich oder tatsächlich attraktivere Konkurrenzveranstaltung für das Nichtwählen verantwortlich gemacht, und, und, und ... Keiner der Etablierten wird in aller Regel feststellen, was eigentlich Sache ist: daß der Nichtwähler (zumindest in überwiegender Zahl), salopp gesprochen, die Schnauze voll hat von den Täuschungen und Zirkuseskapaden der etablierten Parteien, daß man es satt ist, an der Nase herumgeführt zu werden, daß man vielen der medial genauso wenig sympathisch vermittelten Gesichtern die "rote Karte" zeigen möchte. Daß viele Wahlforscher diesen Interpretationen Tür und Tor öffnen (aus welchen Gründen auch immer) macht diesen Zustand auch nicht angenehmer ...

Wähle ich "das kleinere Übel" (welches das dann auch immer sein sollte), trage ich dazu bei, die derzeit herrschenden Verhältnisse zu legitimieren (vor allem wenn "das kleinere Übel" eine der Parteien wie CSU, CDU, SPD sein sollte -- wobei Alternative CSU bzw. CDU ohnhin regional jeweils ausgeschlossen bleibt), denn kaum eine jener Parteien bzw. deren Parteioberen wird dann seufzen, "Gott sei Dank ist der Kelch an uns gerade noch einmal vorbei gegangen, nun müssen wir aber wirklich uns politisch und sozial extrem verbessern ...", nein sie werden in der einen oder anderen Form deklamieren, "der Souverän hat gesprochen und uns sein Vertrauen geschenkt" ... Dies zeigt deutlich, wie dämlich auch das Argument ist, wer nicht wählen geht, der darf auch nicht kritisieren. Nichtwählen wird wohl in den allermeisten Fällen eine Art von Kritik darstellen und es täte Not, diese Gründe einmal ernsthaft zu analysieren, um vielleicht auf diese Arte eine Besserung der Verhältnisse zu erreichen.

Und wie steht es um die Wahl sogenannter "Splitterparteien", also auch um Parteien, die keinerlei Chance haben, in den Bundestag einzuziehen? Viele argumentieren, eine derartige Stimmabgabe verpuffe ungenutzt, helfe der einen oder anderen etablierten Partei etc. Argumente, die sicherlich zutreffen können. So bleibt eine solche Wahl für die von der unmittelbaren Stimmabgabe jeweils profitierenden Kleinpartei eher ein psychologischer Aspekt (Motto etwa: "macht weiter, laßt euch nicht unterkriegen, ihr seid nicht ganz allein") sowie der weiter oben aufgezeigte finanzielle Unterstützungsbetrag.

Ein Impuls zum Schluß: Alle erinnern sich noch an die desolaten Umfrageergebnisse der SPD "vor Schulz". Dann kam er, der Mann, den wohl so mancher haushoch überschätzt hatte (seine Biographie hätte eigentlich jegliche trügerische Hoffnung relativiern helfen können ...). Und wie schnellten sie nach oben, die Umfragewerte der SPD. "Schulz-Effekt" tönte es aus allen Ecken, vor allem die Medien hatten endlich wieder einmal eine Sau, die sie durchs Dorf treiben konnten. Schon sah man die Mutti der Nation durch den "Macher" Schulz extrem gefährdet. Und wie lange hielt er an -- jener Schulz-Effekt? Heute steht "Mutti" besser denn je da, Schulzens Position ist auf die zurückgestutzt worden (so daß  dies überhaupt möglich war ...), welche seiner eigentlichen politischen Statur entspricht. Und was lernt man daraus? Wohl leider nichts. Dabei ist dies ein deutliches Zeichen dafür, wie hierzulande mittlerweile Politik gemacht wird: auf niederstem Niveau, auf kleinstem gemeinsamen Nenner und mit der hitparadenähnlichen Zahlenspielereien der Meinungsumfragen. Ob dies einer Demokratie nützt? Mitnichten! Dafür könnte es aber schaden ....

Oder: Vielleicht werde ich doch den mir durchaus sympathisch und glaubwürdig erscheinenden Lindner fragen, wie er die Quadratur des Kreises (ich meine das Dilemma seiner ökonomischen Vorstellungen mit den Forderungen nach überfälliger Lösung der vielen Naturbelange -- denn die gesunde Natur ist unsere eigentliche Existenzgrundlage, nicht sinnloses Wirtschaftswachstum und eine ohnehin unter den gegebenen Umständen nie mehr zu erreichende "Vollbeschäftigung"!) zu lösen gedenkt ... Hätte er darauf eine stimmige Antwort, dann vielleicht doch nach vielen Jahren der Abkehr: FDP. Aber ich fürchte: Christian Lindner wird die Antwort schuldig bleiben (müssen) ...


Und nun zwei Tage (22. September 2017) vor der Wahl:

Es hat sich nichts geändert -- die Auseinandersetzung ist weiterhin auf niedrigsten Niveau, all die proklamierten Versprechungen kennt man bereits sattsam aus der Vergangenheit und sie haben sich dort bereits unerträglich häufig als Lügen entlarvt, Konkurrenten um die politische Macht (für die Herrschenden und einige der Meinungsführer = lediglich Gegner) werden weiterhin diffamiert, von Diskurs weit und breit nichts zu sehen ...

Nicht schwer vorherzusagen: Es wird sich nichts ändern!

Und das Niveau auf dem medialen Sektor, allen voran die sogenannten Moderationsexperten von ARD und ZDF, konnte noch weiter in Richtung Geschwätzigkeit abgesenkt werden. Wenn es so weitergehen sollte: Gute Nacht, Deutschland! Und dazu bedarf es nicht einmal mehr der AfD oder sonstigen von den etablierten Mächten Angepissten ... (Nota bene: "Mutti" wird weiter bleiben, ihre Mittelmäßigkeit wird erneut überhöht werden, sie und die CDU/CSU wird weiterhin ihre Wasserträger finden, jene werden erneut "gute Gründe" für das Festhalten an der Macht finden und die Schuld einzig und allein dem Wähler zuschieben "der es ja so gewollt habe" ... Na denn! Ich wünschte, ich läge falsch!


Was soll man denn von Leuten halten, die sich demokratisch geben, dann jedoch in martialischer Terminologie gegen Mitkonkurrenten um die politische Macht antönen. So beispielsweise der SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz pauschalisierend in Richtung AfD: "Zieht Euch warm an. Ihr seid unsere Feinde!"
Es sollte eben zuallererst ganz genau hingeschaut werden, ob der Begriff "Feind" in eine demokratische Auseinandersetzung paßt. Zu einer kritisch gerichteten Diskussion oder gar zu einem Diskurs ist die Verwendung derartiger Begrifflichkeiten gewiß nicht zielführend! So erhält der "Schulz-Effekt" eine völlig unangemessene und neue Dimension: Endgültiger Abschied von der Versachlichung.
Man muß kein Anhänger der AfD sein, um dieses Verhalten von Martin Schulz nicht nur als widerwärtig sondern auch als undemokratisch zu verstehen. Damit fällt der Kanzlerkandidat all jenen in den Rücken, die um eine Verbesserung im Ringen um anständiges und demokratisches Verhalten sich bemühen. Man kann und darf eben nicht alle in einen Topf werfen, es sollte ausschließlich die Kraft der besseren Argumente handlungsleitend und zielführend sein!

Nicht viel besser, was undemokratisches Verhalten angeht, aber auch jener Peter Altmaier (CDU und derzeit Kanzleramtschef) wenn er faktisch zu einer zumindest partiellen Wahlabstinenz aufruft, wenn er sogenannte unzufriedene Bürger rät, bei dieser Bundestagswahl lieber keinen Stimmzettel abzugeben als AfD zu wählen. Natürlich hat er dies auf seine typische Art begründet: "Die AfD spaltet unser Land. Sie nutzt die Sorgen und die Ängste der Menschen aus. Und deshalb glaube ich, dass eine Stimme für die AfD -- jedenfalls für mich -- nicht zu rechtfertigen ist." Daß er im gleichen Zusammenhang wieder den Versuch der Rolle rückwärts übt, verwundert mich bei ihm ja nicht besonders. So ergänzt er, er plädiere zwar nicht für das Nicht-Wählen, aber plötzlich -- woher denn nun diese Toleranz und Einschätzung, die man früher gegenüber Nichtwählern durchaus stets vermissen ließ?! -- anerkennt er: "Es ist so, dass der Nicht-Wähler auch eine Meinung zum Ausdruck bringt."

Herr Altmaier und alle die genaus oder so ähnlich denken: Vielleicht gäbe es die AfD jetzt überhaupt nicht, hätte man früher schon beachtet, daß Nichtwähler "auch eine Meinung zum Ausdruck" bringen und diese Meinung auch zielführend die Politik miteinbezogen! Es ist doch das Verhalten der etablierten Parteien (von der häufig verwendeten Begrifflichkeit "alternativlos" bis hin zum Verteufeln kritischer Stimmen und einzigartigem Hofieren und Bejubeln unkritischer Ja-Sager), welche die Saat für das Aufgehen der AfD erst ausgebracht hat! Pharisäerhaft jetzt so zu tun, als träge man dafür keinerlei Verantwortung und jetzt seine Hände in Unschuld zu waschen.

Gut, daß Altmaiers m.E. nicht sehr intelligente Einlassung über ein demokratisches Grundrecht, vielleicht sogar für das essentiellste!, wenigstens stellenweise auf starke Kritik stieß! So äußerte sich der Vorsitzende des SPD-Bundestagsfraktion Thomas Oppermann eindeutig: "Ich finde es falsch, Bürgern zu empfehlen, nicht zur Wahl zu gehen. Damit erreicht man nicht einen AfD-Wähler." Weshalb ist eigentlich Altmaier nicht zu solcher Einsicht fähig? Klar dürfte doch sein: Wer AfD wählen möchte, der oder die wird dies auch tun. Wer die AfD (sicherlich aus guten Gründen dann) ablehnt, der wird sie ganz gewiß nicht mit der Stimmabgabe beglücken. Und wer aus guten Gründen gar nicht wählen geht -- z.B. weil ihm weder die Altparteien noch die AfD politisch und im gegenseitigen Umgang miteinander behagen -- wird auch weiterhin diesen Weg beschreiten. Glaubt denn Peter Altmaier wirklich, mit seiner -- wie ich finde: unausgegorenen, sachfremden sowie von Denkarmut begleiteten -- Forderung jemanden weg von der AfD hin zum Nichtwählertum bekehren zu können? Das wäre doch wirklich naiv! Also vielleicht nur Wahlkampfpopulismus zur Rettung eigener Haut?! Wie auch immer, der Schuß dürfte nach hinten losgegangen sein. Vor allem hat er der AfD eher genützt als geschadet, war für jene willkommene Munition für deren eigenen Wahlkampf. Das hörte sich dann folgendermaßen an: "Das sind schöne Demokraten! Jetzt ruft ein Mitglied der Bundesregierung zum Wahlboykott auf." (so AfD-Spitzenkandidat Alexander Gauland entrüstet) sowie " Wie kann ein Regierungsmitglied so einen Spruch loslassen -- das ist ein absoluter Tiefpunkt." (André Poggenburg, AfD Vorstandsmitglied).

Meine persönliche Anmerkung zum Schluß: Herr Altmaier, ich werde natürlich mit der Gruppe der Nichtwähler sympathisieren; dies nicht, weil sie mich durch ihre aus meiner Sicht undemokratische und vor allem oberflächliche Einmischung in das persönliche Wahlrecht auch nur irgendwie überzeugt hätten, sondern weil ich die AfD ohnehin etwas differenziert betrachten muß, mich aber vor allem der gepflegte Stil der Altparteien und die Selbstdarstellung sowie die gezeigte Verlogenheit einiger führender Repräsentanten nur noch -- man möge mir den Ausdruck verzeihen, aber es gibt hier leider keinen passenderen! -- nur noch ankotzt. Sie überzeugen einfach nicht, wie man sich immer wieder vergegenwärtigen kann, besonders auch durch das Auftreten in medialen Kontexten, sie geben kein oder zu wenig gutes Beispiel für das, was zielführende demokratische Auseinandersetzung ausmacht ...



Ein kleiner Rückblick: Einige Anmerkungen zum Ablauf des Bundestagswahlkampfes 2013:


Zunächst: Nachfolgenden Aufruf hatte ich für diese Wahl hier veröffentlicht:
Als ehemaliger Unterstützer der FDP meine ich:
F D P ist mittlerweile eine überflüssige Partei, diese besser nicht mehr wählen!

Dirk Niebel, der ursprünglich sein eigenes Ministerium abschaffen wollte, spricht nun auch noch groß auf -- eine Meisterleistung vor dem Herrn ...  Herr Rösler belastet mit seiner Politik den "normalen" Bürger, entlastet Klientel. Mister Brüderle, ach wie wird der m.E. farblose Herr doch überschätzt. Dann die Ex-Akrobaten mit ihren Dissertationsproblemen, die enttäuschende Koch-Merin, und, und, und ...  Mir erscheint der Begriff "liberal", wenn ihn ein Großteil der FDP gebraucht, nur mehr ein Deckmäntelchen; der Versuch den "Nachtwächterstaat" zu Gunsten der Wohlhabenden zu beleben, die sogenannten "kleinen Leute" dafür die Zeche bezahlen zu lassen. Man sehe nur Röslers Geniestreich bei der Befreiung resp. der Entlastung von Lieblingsklientel in der Energiepolitik. (Schauen Sie einmal, wer alles von der Durchleitungsgebühr befreit ist, angefangen von Golfklubs über Kaufhäuser, und, und, und ... Alles auf Kosten des Normalverbrauchers.

Weg mit diesen Politversagern der FDP, die Partei der ungehaltenen Versprechungen!
So ist es nun geschehen: der Bundestag diesmal ohne jene FDP. Gut so!

Nicht gut: Im Bundestag fehlt eine echte liberale Partei! Und das muß sich wieder ändern. Dies kann durchaus mit einer Neuorganisation und Umorientierung der FDP geschehen. Unmittelbar muß ich da an Wolfgang Kubicki und Christian Lindner denken, zwei Personen, die es im Gleichklang mit wirklich liberalen Kräften vielleicht schaffen könnten ... Echter Liberalismus (jedoch kein "Nachtwächterstaat"!), Belohnung wirklicher Eigenverantwortung (und nicht derjenigen des bisherigen Klientels, die teilweise staatlich noch garantiert ihre Bereicherung pflegen können), weniger staatliche Verordnung und Gleichmacherei, bei aller Öffnung für die Nöte anderer sehr wohl auch das Verursacherprinzip im Auge behalten -- um nur ein paar Beispiele zu nennen. Wir brauchen als Gegenpol zu all den anderen wirkenden politischen Kräften im Lande sehr wohl eine liberale Größe, die "alte" Rösler-Westerwelle-Brüderle-FDP konnte das jedenfalls leider nicht leisten und hat kläglich versagt!

Was lernen wir noch alles aus dem vergangenen Wahlk(r)ampf? Ich meine: über den Zustand unserer Demokratie.  (Einen Teil der Antwort ergibt aus meinen Ausführungen zur Bundestagswahl 2017, siehe oben!)