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Gedichte 2008


Der Darmsitzer

Er kocht und tobt und schimpft und stampft:
Die üble Nachricht habe ihm das Herz verkrampft;
So wäre das Leben kaum mehr richtig auszuhalten –
Unglaublich was die da oben wagen zu gestalten ...
Man will nicht mehr kugeln und auch nicht mehr reimen,
Selbst das Schelmen vergeht und mit ihm Sinn für ein Schleimen.
Auch das unterwürfig Festen verliert sich im Trübsal:
An den Wänden da zeichnet ein menetekelhaft Schandmal!
Vorbei ist’s mit der sonst üblich gespielten Heiterkeit,
Soll denn nur noch bleiben boshaft verrinnende Zeit?

Erfreut hatte man in der Runde zur Kenntnis genommen,
Und glaubte schon, das Spiel wäre letztlich gewonnen:
Die Chefin endlich geht in den erwarteten Ruhestand!
Ihre Ersetzung dann nur aus bestens bekanntem Bestand,
Die Nachfolgeschaft schien längst allen sonnenklar:
Der Vize eilfertig stets auf dem großen Sprung schon war.
Doch plötzlich ward andernorts ganz anders entschieden,
Den alten Klüngel hat man wohlweislich vermieden;
Nach dem Motto “nur neue Besen kehren gut”
War man überraschenderweise auf der Hut:
Der Neue nun von sehr weit auswärts kommt!
Dieser Beschluß die Platzhirschen überhaupt nicht frommt ...

Der einseitig tüchtige und stete Bedenkenträger Maximus
Wittert schon heute unerträglich riesigen Dauerverdruß:
Der Oberwarner kennt den Nachfolger kaum, doch ist’s ihm gewiß:
Jener in seinen Augen ein ganz, ganz großes Arschloch ist!
So verkündet der Mahner gesichert in die frustrierte Runde,
Man durchlebe nun gemeinsam eine ganz, ganz üble Stunde!
Wie dem entrinnen, wie da gewinnen?!
Vor lauter Wut ist man ganz von Sinnen:
So pflegt man Gegnerschaft, wo noch gar nichts ist,
Dabei es in den armen Seelen wütend garstig frißt!
Hinter vorgehaltener Hand vermitteln sie vorsichtig leise:
Von jetzt an ist die Arbeit nur mehr gänzlich Scheiße.

Doch kaum hat der Neue dann seinen Stuhl erklommen,
Sind auf allen Vieren sie gemeinsam hechelnd schnell gekommen,
Und von neuer Konkurrenz beseelt und kräftig angesteckt,
Wird, wo man nur kann, überall nun kräftig geleckt.

Der Meister aber all der vorzeitig gesponnenen Intrigen
Übt sich nun mit seltenem Eifer, den Rest zu besiegen,
Und vor dem Hintergrund der großen Konkurrenz
Verspürt er gar wieder in den Knochen einen neuen Lenz:
Auf dem Wettlauf, vom Neuen das Placet zu kriegen,
Erwächst ihm die Kraft aus der Furcht falsch zu liegen –
Nach langem Walten und ernsthaft Mühen er zwar kräftig schwitzt
Dafür als erster wiederholt und erneut er in einem Enddarme sitzt.

(21. August 2008, Rheinsberg)



Forenglück

Endlich einen Raum gefunden
Sich endlos sinnlos auszukotzen
Kaum Durchdachtes auszurotzen
Für Sekunden nicht geschunden

Zu allem seine Meinung sagen
Läßt Emotionen galoppieren
Stammtischtöne echauffieren
Im Geist kein bißchen Unbehagen

Die enge Sicht der Welt verkünden
Andere Meinung desavouieren
Weit davon sich zu generieren
Auf kleinstem Nenner sich verbünden

Karge Existenz zur Größe aufgeblasen
Für Augenblicke mit Seinesgleichen
Im Versuch den Ketten auszuweichen
Schon der Blick ins Nahfeld am Verglasen

Dürre Finger stets auf die anderen zeigen
Ein Sprachgefühl oft kaum beschieden
Vor allem Anstand oft vermieden
Im eigenen Safte klebend hocken bleiben

Zu Worte tastaturet der Forenwicht
Auch wenn er weiß gar nichts zu sagen
Seine Einfalt verbietet Hinterfragen
Welch armselig Leuchter ohne Licht

(05.01.2008)



Die Synthese – Lochhaftigkeit trifft Arschkriecher
(Apokalypsenperspektive revisited)

Jene sorglos ob der andern Kummer,
Verpflichtet nur dem eigenen Schlummer,
Unter Fanfarenklang dem Reich entgegen,
Andere Sehnsüchte längst erlegen.

Im Versuch, was möglich zu verschlingen,
Feiern stolz sie ihr täglich Gelingen:
Möglichkeiten greifen wie gerufen;
Schließlich fühlt man sich berufen!

All die Löcher zu entwirren,
All die Fallen auszuhebeln,
Wenn es sein muß kräftig knebeln,
Notfalls auch mit Waffenklirren!

Man ist berufen, wie schon gesagt:
Sein Selbstverständnis nie hinterfragt;
Man hat das Recht, zu unterdrücken,
Man darf verlangen tiefstes Bücken!
Die anderen sollen in Löchern schnüffeln,
Und tun sie’s nicht, dann lauthals rüffeln.
Wir halten uns den Gefahren fern,
Das Volk dabei stets subaltern.

Doch plötzlich, wie ist das gekommen?
Gefühle vage, ums Herz beklommen:
Ein heftig Brausen, gigantisch’ Sausen!
Wo man einst Innen, nun torkelt Draußen.
Eigene Kräfte schwinden wo Mächte walten.
Ganz unerwartet dies Umgestalten.
Zu jener der ganzen Spießer Macke,
Gesellt sich nun doch die eigene Kacke ...
Und so manche mit ihren Kotvisagen
Verstopfen jetzt gar die Fäkaldrainagen:
So ist vereint was einst getrennt –
Gemeinsam man nun im Enddarm klemmt.

So was einst sank ganz schwer nach unten,
Und was da trieb so fröhlich oben,
Ist nun gemeinsam schwer geschunden:
Die Perspektiven sind leicht verschoben.

(19. April 2008)



Selbstdarstellung

Die Rede eigenem Zweck verpflichtet,
Den Gegner nur als Feind gerichtet!
Im Kampf um sichere Postensessel:
Legt fremden Geist in klamme Fessel!

Nur das eigene Tun hervorgehoben,
Ausschließlich als richtig stets empfunden;
Gegen unwillkommene Argumente anzutoben,
Ermüdende Solidaritäten streng bekunden:

Selbstvermessenheit verliebt zu pflegen.
Im eigenen Sumpfe niemals wühlen.
Das Herz längst tot als daß es könnt’ fühlen.
Niemals den Keim des Zweifels hegen ...

Von einer Show zur anderen ziehen:
Sich um Täuschung scharf bemühen;
Statt Worte Wörter und Demagogie –
Mehr als Herdentrieb kennen sie nie.

Unliebsamen Fragen auszuweichen,
Über Wiederwahl sein Licht erreichen,
Wie es beliebt auf Stammtische schauen,
Um dann blind auf Gegner einzuhauen.
Wie ist all dies noch auszuhalten?
Wie der Hohlheit den Rücken kehren?
Wie sich der Dummheit denn erwehren?
Laßt sie allein – und schnell abschalten ...

(7. Januar 2008)


"Gestaltungskitsch auf Lanzarote"  Dezember 2008